nowhere(wo)men_now here (wo)men

existenzbehauptungen aus dem paradoxen raum

2005

(RHIZOM-Projekt in Kooperation mit dem Steirischen Herbst, in den politischen Ligen wegen unzureichender Finanzierung gescheitert; 2005)

” … sie sind zwar in die ‘Festung’ Europa hereingekommen, aber sie sind nie wirklich angekommen. denn hier gibt es zwei Raumordnungen, die nach völlig unterschiedlichen Logiken funktionieren: die Festung mit ihrer militärischen Logik der eindeutigen Grenze, und der ‘paradoxe Raum’, der alle Grenzen aufgelöst hat, in dem die Mitglieder der ‘Netzwerkgesellschaft’ leben — ohne Grenze. Dieser paradoxe Raum existiert heute nicht nur gleichzeitig, er existiert auch am gleichen Ort wie die ‘Festung’.

… es ist wie in einem Sciencefictionfilm, in dem man immer versucht, eine Grenze zu überwinden – nur liegt der Ort, den man sucht, gar nicht jenseits.”

(08.11.2005, Isolde Charim in Der Standard)

mindmap
eine entäußerung. es gibt keine peripherie mehr, sie hat das zentrum perforiert und performiert – das ab-seitige, kaum wahrgenommene ist der ausgangspunkt, das paradox – die bedingung … eine umkehr der verhältnisse … eine werbemaschinerie aus dem off, finanziert aus den steuermitteln der bildererzeuger und bilderbesitzer … öffent-lichen raum einnehmen – das stadtbild bestimmen … zonen der verstörung statt zonen der zerstörung … niemand spricht stellvertretend für jemand anderen als sich selbst … über symbolische existenz und körperliche präsenz … über die kontroll- und selektionsmechanismen der öffentlichen wahrnehmung … über “natürliche“ zugangsbehinde-rungen und domestizierungen … über die architektur und die sprache der ausgrenzung … über strukturelle gewalt, die gewalt erzeugt … einen zustand der normalität beschreiben, wo in der unterschiedlichkeit die bereicherung sichtbar wird … wo ein name auf eine konkrete person verweist, aber die herkunft egal wird …

Projektbeschreibung
In der üblichen Struktur der Jobsuche über Arbeitsamt, Kleininserate und Flyer werden arbeits-lose Jugendliche zwischen 19 und 25 Jahren gesucht. Es sollen hierbei österreichische Jugendliche mit Migrations-hintergrund (2. Generation) angesprochen werden.

Angebot
ein drei bis sechs Monate dauernder Job.

Jobbeschreibung
die Darstellung der unmittelbaren persönlichen Verhältnisse/Beziehungen/Perspektiven in Text, Bild und Ton.

Auswahlverfahren
Alle eingelangten Bewerbungen werden behandelt – die Bewerberlnnen werden zu einem Ge-spräch geladen. Im Auswahlverfahren soll auf das Verhältnis der in Österreich vertretenen ethnischen Gruppen und auf die Geschlechterparität geachtet werden.

Rollentausch
mit Jobantritt werden die Jugendlichen zu EntscheidungsträgerInnen in eigener Sache: als Artdirektorlnnen, Fotograflnnen, RegisseurInnen, Texterlnnen beschäftigen sie sich mit sich selbst und ihren ldentitätsprozessen.

Vorbereitungsphase
In der Vorbereitungsphase findet die Einführung in die verschiedenen Techniken von Foto, Video etc. statt.

Bearbeitungs- und Umsetzungsphase
In der Bearbeitungs- und Umsetzungsphase werden die Jugendlichen von Profis beraten und begleitet. Jede/r Einzelne hat Entschei-dungsautonomie über das “Darzustellende“ – “zu Veröffentlichende“. Jede/r Jugendliche begleitet den eigenen Ver-öffentlichungsprozess bis zum Start der Medienkampagne, der Präsentation auf der Homepage (auf verschiedenen Portalen) und der Eröffnung der Ausstellung.

Kriterien/Bedingungen/Klima
Als eine Grundbedingung des Kommunikationsprojektes gilt die Schaffung einer Atmosphäre, in der die Entscheidungskompetenzen offengelegt sind, d.h. eine transparente Struktur mit klar verteilten Rollen vorliegt: die Jugendlichen sind die EntscheidungsträgerInnen, das künstlerische und technische Team fungiert als unterstützende Einheit bei der Umsetzung des Projektes. Da es um sehr individuelle Zugänge gehen soll, die auch die sehr unterschiedlichen kulturellen Hintergründe reflektieren (wie auch den Kontext der eigenen sozialen Gruppe), wird eine professionelle Moderation der Gruppenprozesse notwendig. Diese dient auch zur Wahrung der differenzierten Darstellung. Jede/r Einzelne trifft ihre/seine eigenen Entscheidungen – in der Gruppe werden diese lediglich kommuniziert und ausgetauscht. Inhalte, herausgeschält aus der eigenen sozialen Gruppe, finden über die ausgewählte Person ihren Ausdruck in der Präsentation.

Als Notwendigkeit in der Umsetzung wird die Kreation eines verbindenden Zeichens angesehen, das die unterschied-lichen Darstellungen als gemeinsames Projekt visualisiert. Auch in der textlichen Umsetzung, die immer zweisprachig (Mutter- und Landessprache) gestaltet ist, wird ein Textelement wichtig, das den Konnex herstellt.

Dies soll auch den Umstand thematisieren, dass die Muttersprache der Eltern als identitätsstiftendes Element – den kulturellen Kontext beschreibend und bedeutend – in der 2. Generation oft nur mehr fragmentarisch gesprochen wird, bzw. später wiedererlernt werden muss.

Eine zweite wesentliche Voraussetzung wird die Dimensionierung des Medienauftritts sein. Die Kommunikations-kampagne soll landesweit erfolgen, mit Schwerpunkt in Graz und in den Bezirkshauptstädten.

Die rechtliche Grundbedingung bildet die Einhaltung des Medienrechtes, das den Jugendlichen ebenfalls im Vorfeld erläutert wird. Die Verwertungs- und Nutzungsrechte der entstandenen Arbeiten liegen bei den einzelnen teilnehmenden Jugendlichen. Der physische Ort für die Projektentwicklung soll im Zentrum der Stadt liegen, auch als konkretes Signal, etwas ins Zen-trum der Aufmerksamkeit rücken zu wollen (an der Peripherie leben die meisten Jugendlichen ohnedies).

Medien
24-Bogen-Plakate, Citylights, Spots auf den Megamonitoren, Info-Screen-Spots in den Straßenbahnen, Indoor-Poster, Kinotrailer, Inserate, homepage (Foren oder auch Blogs der ein-zelnen Teilnehmerlnnen), Hörfunkspots, Postkarten und eine Zeitung (print+web, mehrsprachig), ev. monatlich im Projekt- und Präsentationszeitraum.

Dauer der Kampagne
1 Monat

Präsentation
Eine umfassende Darstellung des Projektes in all seinen Entwicklungsstadien, mit allen Ergebnissen soll am Produktionsort erfolgen, der nach drei Monaten vielleicht das beste Umfeld bietet: als Raum, der von den Ju-gendlichen schon definiert ist und persönliche Sicherheit und Vertrautheit bietet.

Kontextkunst mit vertauschten Rollen
Wir verstehen dieses Projekt als strukturelle Intervention, die im Zuge des Verlassens der Metaebene (des Sprechens über…), und in einer Zurücknahme und Behutsamkeit einen anderen Blick freigibt und “den Anderen“ als Subjekt der Geschichte etabliert. Damit sollen Bilder von simultanen Realitäten möglich werden, die sich unterscheiden in der Art ihres Zustandekommens, indem die Struktur der Aneignung und Verwertung von menschlichen und gesellschaftlichen Positionen und Dispositionen als gängiges Mittel von Medien-Inszenierungen durchkreuzt wird. Die definitive Bereicherung bildet die Unterschiedlichkeit der Zugänge.

Letztes update 24. November 2007

Involved

Organisation: RHIZOM in Kooperation mit steirischer herbst
(Veronika Kaup-Hasler als Intendantin)
Idee/Basiskonzept: Leo Kreisel-Strausz
Kostenplan: Christian Bachler, Andrea Speetgens
Konzeptausarbeitung/Umsetzung: Angelika Thon, Leo Kreisel-Strausz,
Manfred Kummer, H.J. Schubert, Christian Bachler, Mirko Maric
Fachberatung (managing diversity): Surur Abdul-Hussain
Projektleitung: Angelika Thon, Manfred Kummer

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